Miljenko Jergović

Die unerhörte Geschichte meiner Familie

In einem riesigen Mosaik aus Geschichten und in immer wiederkehrenden Kreisen, wie ein ins Wasser geworfener Stein, der immer weitere Kreise zieht, breitet sich die Geschichte der Familie von Miljenko Jergović vor uns aus – in einer Sprache, in der man sich niederlassen kann. Das Zentrum oder den roten Faden bildet die Geschichte von Jergovićs Mutter, begonnen bei ihrem Grossvater, Karlo Stubler, der noch im österreichisch-ungarischen Reich als Deutscher für die Eisenbahn aus dem Banat den Schienen entlang gegen Dubrovnik und schliesslich nach Sarajevo zog. Seine Geschichte und die Geschichten seiner vier Kinder und deren Kinder bilden das Herzstück des Romans – Rudi, der ewige Student, schöngeistig und nicht sehr alltagstauglich; Olga, Miljenkos Grossmutter und deren Sohn Mladen. Mladen, der mit seinem Tod als deutscher Soldat in der Wehrmacht während des Zweiten Weltkrieges nicht nur das zentrale Trauma der Familie bildet, sondern auch die Absurdität und den Irrsinn der nationalen Zuschreibungen vor Augen führt. Die Geschicke der Familie und der Menschen in ihrem Umkreis bilden einen flimmernden Spiegel der Zeit und ihrer jeweiligen Zerrissenheiten. Identität, Zugehörigkeit, nationaler Irrsinn sind die zentralen Themen in Jergovićs Geschichte seiner Familie. Dieses Thema und die einzelnen Personen umkreist er in einem fast grenzenlos anmutenden Geschichtenschatz. Eine alte Photographie, ein Bienenalmanach, irgendeines der raren Überbleibsel seiner Familie dient als Ausgangspunkt für eine Perlenkette von Geschichten, die sich aneinanderknüpfen, miteinander verweben und sich letzendlich auflösen. In diesen Geschichten erzählt er auch die Geschichte Bosniens, insbesondere Sarajevos. Wobei durchaus auch frei erfundene Geschichten, die als historische Begebenheiten daherkommen, ihren Platz haben. Und er lässt auch sich selber nicht aus – befragt sich, klagt sich an, spricht sich frei in dieser Zeit des Sterbens seiner Mutter – in einer Offenheit, die erstaunt und betroffen macht.

Ein unerhörtes Leseerlebnis, diese unerhörte Geschichte von Miljenko Jergović's Familie! cn

Klappentext:

In seinem neuen Roman zieht der gefeierte Autor Miljenko Jergović alle Register seines Könnens, um zu ergründen, was das Menschsein ausmacht. Er begibt sich auf die Spuren seiner Familie, "weil in jeder Familiengeschichte alles Wichtige der Weltgeschichte steckt". Erstmals nach langer Zeit reist er nach Sarajevo und bringt seine im Sterben liegende Mutter zum Erzählen über die Vorfahren. Dort, wo jede Strasse ihn in die Vergangenheit seiner traumatisierten Heimat führt, setzt er sich in einem schmerzlichen Prozess mit ihrem Erbe auseinander: Im einstigen Habsburgerreich waren sie als Eisenbahner Zugereiste, und jeder Krieg stellte ihre Identitäten und Loyalitäten neu auf die Probe.

Das Gefühl von Fremdheit ist dem grossen europäischen Erzähler Miljenko Jergović geblieben, auch wenn er sich an den Konflikten der Gegenwart auf seine Weise reibt. Fakten kunstvoll mit Fiktion vermischend und mitreissend in konzentrischen Kreisen erzählend, zeigt er in diesem grossen Weltentwurf, was das Leben in einem Vielvölkerstaat für den Einzelnen bedeutet. vor allem wenn er nicht zur Mehrheit gehört, sondern zu den "Anderen".

Bei den 52 Besten Büchern hat Jergović im Juni 2017 ein Interview gegeben. Hier auch noch eine wunderbare Rezension von Saša Stanišić zu diesem äusserst lesenswerten Buch.

Über die Autorin / über den Autor:

Miljenko Jergović wurde 1966 in Sarajevo geboren. Während des Krieges berichtete er aus der belagerten Stadt u.a. für die Wochenzeitung Nedjeljna Dalmacija, die in Zagreb erscheint, wo er seither lebt. Der Schriftsteller und Kolumnist gilt als einer der grossen europäischen Gegenwartsautoren. Seine Bücher sind in über 20 Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet worden.

Brigitte Döbert, geboren 1959, lebt in Berlin. Sie übersetzt aus dem Englischen, Bosnischen, Kroatischen und Serbischen. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen, zuletzt den Straelener Übersetzerpreis der Kunststiftung NRW (2016) sowie den Preis der Leipziger Buchmesse (2016).

Preis: CHF 22.90
Sprache: Deutsch (aus dem Kroatischen von Brigitte Döbert)
Art: Taschenbuch
Erschienen: 2019 (2013)
Verlag: BtB
ISBN: 978-3-442-71740-8
Masse: 1141 S.

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