Elvira Dones

Kleiner sauberer Krieg

Rea, die junge Studentin, feiert bei Nita, der aus Belgrad zurückgekehrten Uniprofessorin, ihren Geburtstag, als der Krieg beginnt. Wer kann, flieht. Die beiden Frauen bleiben in ihrer Wohnung in Prishtina verschanzt – aus ihnen je eigenen Gründen. Am nächsten Tag kommt noch Hana, Nitas Schwester hinzu. Niemand wagt sich auf die Strasse, serbische Polizei, Militär und paramilitärische Einheiten plündern und morden und vergewaltigen. Häuser werden ausgebrannt, Bomben fallen. Wer versucht, aus diesem Inferno auszubrechen, gerät oft direkt in die Finger der paramilitärischen Einheiten und deren Lager. Wird ganz nebenbei erschossen. Entlang der Geschichten der Familienangehörigen der drei Frauen berichtet die Erzählerin über das Grauen, das über das Land hereingebrochen ist. Sie erzählt in nüchternem und knappem Ton davon, was den einzelnen Familienangehörigen zustösst, wer verschwindet, wer stirbt, wer in einem Lager wieder auftaucht.

Kurze Rückblenden in die Geschichte der einzelnen Frauen macht klar, wie unwirklich der ungezügelte Nationalismus ist. Nita hat in Belgrad unterrichtet, war mit einem serbischen Historiker liiert – bis der sich anbahnende Krieg dieser Beziehung ein Ende gesetzt hat. Der Alltag vor dem Krieg war auch von den serbischen NachbarInnen, MitschülerInnen und ArbeitskollegInnen mitgeprägt. Man verstand sich. Seit sich der Krieg immer klarer abzeichnete, sind die meisten SerbInnen aus Prishtina weggezogen. Doch einige sind geblieben und einige haben den KosovarInnen geholfen. Kleine und grosse Akte der Menschlichkeit in einem Meer von Gnadenlosigkeit.

Elvira Dones hat dieses Buch zum Krieg in Kosovo, von März bis Juni 1999, 2010 geschrieben. Zu einem Zeitpunkt als ihr Verlag meinte, es interessiere sich niemand mehr für diesen Krieg. Eben – meinte Elvira Dones und hat das Buch geschrieben. Was für die NATO und für Amerika ein kleiner sauberer Krieg war, aus dem nicht ein einziger Amerikaner tot zurückkehren sollte, war für die Menschen im Kosovo die pure Hölle. Sie hat das Buch aufgrund von Zeugnissen von Geflüchteten geschrieben – so ist es  in erster Linie ein Zeugnis gegen das Vergessen. cn

Klappentext:

Kosovo-Krieg: 24. März 1999, Einsatz der Nato: 1. Luftangriff, bis 12. Juni 1999, Pristina. Die Bomben regnen auf Pristina, die Stadt ist von Serben umgeben, niemand bewegt sich. Rea, Nita und Hana, drei junge Frauen unterschiedlichen Alters und Herkunft, stecken in einer Wohnung fest und warten: kein Strom, kein Wasser, kein Telefon. Im Fernsehen schaut die ganze Welt diesem kleinen sauberen Krieg zu. Leben oder sterben, es spielt keine grosse Rolle.

Eine der begabtesten zeitgenössischen Autorinnen gibt ihren drei Protagonistinnen eine Stimme, um das erste Mal den Kosovo-Krieg aus der Sicht der Frauen zu erzählen.

Über die Autorin / über den Autor:

Elvira Dones ist eine schweizerisch-amerikanische Schriftstellerin und Dokumentarfilmerin albanischer Herkunft. Nach unter anderem sieben Romanen in ihrer Muttersprache schreibt sie heute in ihrer adoptierten Sprache Italienisch. Ihre Bücher sind in verschiedene Sprachen übersetzt.

Adrian Giacomelli, geboren 1981, lebt und arbeitet als Übersetzer, Autor und freier Künstler in Frankfurt am Main.

Preis: CHF 25.90
Sprache: Deutsch (aus dem Italienischen von Adrian Giacomelli)
Art: Broschiertes Buch
Erschienen: 2018
Verlag: ink press
ISBN: 978-3-906811-09-3
Reihe: tadoma
Masse: 200 S.

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