Mohammed Dib

Und ich erinnere mich an das Meer

Ein sehr gelungener Science Fiction über den Kolonialkrieg in der Stadt Algier in den Jahren 1954-64. Im Gegensatz zu vielen Schriften über diesen Krieg wird der Schrecken nicht dokumentarisch, sondern traumhaft erzählt. Äusserst verschlüsselt, ja surreal sind die Ereignisse und Protagonisten. So bewegen sich die Mauern der Kasbah ständig, die französischen Soldaten tauchen als Minotauren auf und die BewohnerInnen der sich feindlich zeigenden Stadt erstarren zunehmend zu steinernen Statuen. Durch diesen Albtraum führt uns ein Erzähler, dessen Name unbekannt ist. Als Hoffnungsträgerin steht Nafissa (arab. Frauenname, der Seele, Ich, Selbst bedeutet), die im Untergrund für die Freiheit kämpft im Zentrum, wie auch das Meer, das als befreiende Kraft gegen das Erstarren der Menschen wirkt. Dank dieses Kunstgriffs schafft Mohammed Dib, den Schrecken dieses Krieges auf eine Weise darzustellen, die ihn aushaltbar macht, und man sich dieser Unmenschlichkeit stellen kann, sich nicht abwendet oder abstumpft.

Es ist sehr eindrücklich, wie er die Realität entfremdet, um sie begreifbar zu machen. Ein phantastischer Roman in jeder Hinsicht! Unbedingt lesen! ap

Klappentext:

Der vorliegende phantastische Roman ist voll packender Gedanken, aktueller Bezüge und absurd-spannender Geschehnisse. Er beschwört die apokalyptische Vision einer Stadt, die ihren Bewohnern feindlich gegenübersteht. Menschen verschwinden oder versteinern; die Stadt wird zum Labyrinth, in dem nichts mehr seinen festen Platz hat, beherrscht von Minotauren mit Flammenwerfern und gefährlichen Mumien mit erstarrten Gesichtern. Hoffnung und Rettung kommen vom Meer und den Frauen. "Ohne das Meer, ohne die Frauen wären wir für immer Waisen. Beide bedecken uns mit dem Salz ihrer Zunge, und das wird glücklicherweise einige von uns retten."

Über die Autorin / über den Autor:

Mohammed Dib wird 1920 in Tlemcen, Westalgerien, geboren, als Sohn einer verarmten bürgerlichen Familie. Nach dem Studium in Tlemcen und Oudjda, Marokko, schlägt er sich als Volksschullehrer, Buchhalter, Teppichweber und Journalist durchs Leben. 1959 wird er wegen seiner politischen Aktivitäten aus Algerien ausgewiesen und lebt seither in Paris. Dib ist einer der bekanntesten algerischen Schriftsteller in französischer Sprache. Er starb am 2. Mai 2003 im französischen Exil.

Preis: CHF 24.60
Sprache: Deutsch (aus dem Französischen von Helga Walter)
Art: Gebundenes Buch
Erschienen: 1992 (1962)
Verlag: Edition Orient
ISBN: 978-3-922825-46-3
Masse: 142 S.

zurück