Hervé Le Tellier

Die Anomalie

Was passiert, wenn sich ein Flugzeug mit allen sich darin befindenden Personen einfach verdoppelt? Und wenn dieses Flugzeug drei Monate später ankommt – ohne dass jemand vermisst worden wäre, ohne dass jemand verloren gegangen wäre, auf einen Schlag zweihundertzweiunddreissig Doppelgänger. Aber sind es Doppelgänger, sind es Kopien, sind es Ausserirdische? Le Telliers Gedankenspiel führt uns von den Reaktionen und Überlegungen der einzelnen, nun verdoppelten, Individuen, zu den Theorien und Hypothesen von Wissenschaftler*innen, zu philosophischen und religiösen Überlegungen bis zu den behördlichen und politischen Strategien. Bekommen die "neuen" Personen auch eine Rente? Was geschieht mit ihrem Besitz – müssen sie ihn untereinander aufteilen oder verdoppelt ihn der Staat? Und was geschieht mit der Liebe, dem Tod, der Elternschaft? Wie kann man damit umgehen, dass diese exklusiven Beziehungen wie auch die geheimsten Träume eines Menschen doch nicht mehr so exklusiv sind?

Ein wirklich sehr amüsantes, augenzwinkerndes und auch zu philosophischem Nachdenken anregendes Buch – Nachdenken über Realität und Illusion, über analoges und virtuelles Dasein, über die Einzigartigkeit eines Menschen. Für mich war die Letküre ein Genuss! cn

Klappentext:

Im März 2021 fliegt eine Boeing 787 auf dem Weg von Paris nach New York durch einen elektromagnetischen Wirbelsturm. Die Turbulenzen sind heftig, doch die Landung glückt. Allerdings: Im Juni landet dieselbe Boeing mit denselben Passagieren ein zweites Mal. Im Flieger sitzen der Architekt André und seine Geliebte Lucie, der Auftragskiller Blake, der nigerianische Afro-Pop-Sänger Slimboy, der Schriftsteller Victor Miesel, eine amerikanische Schauspielerin. Sie alle führen auf unterschiedliche Weise ein Doppelleben. Und nun gibt es sie tatsächlich doppelt – sie sind mit sich selbst konfrontiert, in der Anomalie einer verrückt gewordenen Welt.

Eine brillante Mischung aus Thriller, Komödie und grosser Literatur. Hochkomisch und teuflisch intelligent spielt der Roman mit unseren Gewissheiten und fragt nach den Grenzen von Sprache, Fiktion und Leben. Facettenreich, weltumfassend, ein literarisches Ereignis.

Über die Autorin / über den Autor:

Hervé Le Tellier, 1957, in Paris geboren, ist seit 1992 Mitglied der Autorengruppe OuLiPo (Ouvroir de Littérature Potentielle), die von François Le Lionnais und Raymond Queneau gegründet wurde und der Autoren wie Georges Perec, Italo Calvino und Oskar Pastior angehörten. Er lebt in Paris. Für seinen Roman L'Anomalie erhielt er 2020 den Prix Goncourt. Er wird in 34 Sprachen übersetzt und verfilmt.

Jürgen Ritte, geboren 1956 in Köln, Übersetzer, Literaturkritiker, Essayist und Professor für Literaturwissenschaft an der Université Sorbonne Nouvelle in Paris. Ausgezeichnet mit dem Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis. Er übersetzte u.a. Patrick Deville, Edmond Jabès, Paul Morand, Georges Perec, Olivier Rolin.

Romy Ritte, geboren 1957 in Hackenbroich, Übersetzerin und Leiterin der deutschen Abteilung des Lycée International Honoré de Balzac. Romy und Jürgen Ritte leben in Paris und übertragen gemeinsam das Werk von Hervé Le Tellier ins Deutsche.

Preis: CHF 18.90
Sprache: Deutsch (aus dem Französischen von Jürgen und Romy Ritte)
Art: Taschenbuch
Erschienen: 2022 (2020)
Verlag: Rowohlt
ISBN: 978-3-499-00697-5
Masse: 352 S.

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