Pauline Delabroy-Allard

Wer ist das

Pauline, die Protagonistin, ist um die Dreissig. Sie fällt nach der Totgeburt ihres Kindes in eine dem Wahnsinn nahe Existenzkrise. Sie hofft dank Nachforschungen in einer Familiengeschichte, die ihr von ihrer Mutter vorenthalten wird, wieder zurück ins Leben zu finden. Wir Lesenden taumeln dabei gemeinsam mit Pauline in einer mäanderhaften Suche, in der Puzzleteile auftauchen und wieder verschwinden.

Pauline Delabroy-Allard schafft es auf beeindruckende Weise, den Gemütszustand dieser jungen Frau in Sprache zu fassen. Wer ist das ist ein zeitgenössischer Roman und zugleich ein von Klassikern genährter Krimi. Immanuel Kant bildet mit seinen formulierten Grundfragen der Philosophie – Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? – die Kapitelstruktur. Die Romane von Marguerite Duras und eine Figur aus dem Stück Mittagswende von Paul Claudel führen an die Bedeutung von Ysé, einer der drei zusätzlichen Vornamen der Ich-Erzählerin, heran. Auch die anderen beiden Vornamen, Jeanne und Jerôme, führen Pauline zu prägenden Personen und Ereignissen. Sie sind die Schlüssel, um ihrer Mutter näherzukommen und somit auch sich selber. Die Mutter hüllte sich bis anhin hartnäckig in Schweigen und wich ihrer Tochter ständig aus. Sie wollte keine Antworten geben.

In Wer ist das geht es um ganz grosse Themen wie zum Beispiel die Fähigkeit zu lieben. Sehr lesenswert! ap

Klappentext:

Pauline ist schwanger, und sie liebt ihre Freundin. Zum ersten Mal ist sie bereit für ein geregeltes Leben. Als sie sich ihren Personalausweis ausstellen lässt, begegnen ihr schwarz auf weiss die Geister, die sie seit ihrer Jugend begleiten, die sie aber nie beachtet hat, ihre drei zusätzlichen Vornamen: Jeanne, Jérôme und Ysé. Jetzt, wo eine kleine Tochter in ihr heranwächst, der auch sie einen Namen geben wird, fragt sie sich, nach wem sie selbst benannt wurde. Doch in ihrer Familie spricht man nicht. Am Tag der Geburt, ein verschneiter Tag kurz nach Weihnachten in Paris, geschieht das Unaussprechliche: Stille, alles ist weiss. Ihre Tochter wird namenlos bleiben.

Der Faden, der die Frauen in ihrer Familie verbindet, ist durch den Tod der Tochter jäh gerissen. Paulines Suche führt sie zu Jeanne, ihrer Urgrossmutter, zu Jérôme, dem homosexuellen Freund ihrer Mutter, und zu Ysé, der tragischen Frauengestalt eines Dramas von Paul Claudel. Sie gräbt nach ihren Wurzeln – und schliesst schreibend die Wunde, rettet sich mit der Literatur.

Ein Roman, der ins Herz der Existenz zielt und zugleich die Literatur, die Poesie und die Schönheit des Lebens feiert. Ein Roman über das Schweigen, den Schmerz, die rettende Kraft der Sprache, darüber, was es heisst, eine Frau in der Welt zu sein, eine Frau in der Literatur.

Über die Autorin / über den Autor:

Pauline Delabroy-Allard, 1988 geboren, erreichte 2018 mit ihrem Romandebüt Ça raconte Sarah (Es ist Sarah, FVA 2019) die zweite Runde des Prix Goncourt und wurde mit dem Prix Envoyé par La Poste, dem Prix du Style und dem renommierten Preis der französischen Buchhändler, dem Prix des Libraires de Nancy, ausgezeichnet. Ihr zweiter Roman, Wer ist das, erschien im Original 2022 bei Gallimard und wurde von der Presse hoch gelobt. Die Autorin absolvierte ein Literaturstudium und eine Ausbildung zur Buchhändlerin und lebt in Paris

Preis: CHF 32.90
Sprache: Deutsch (aus dem Französischen von Sina de Malafosse)
Art: Gebundenes Buch
Erschienen: 2023
Verlag: Frankfurter Verlagsanstalt
ISBN: 978-3-627-00315-9
Masse: 256 S.

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