Arjeta, die Ich-Erzählerin, hat in Berlin eine eigene Wohnung bezogen. Das Auspacken und Einrichten erlaubt einen Moment des Innehaltens und Rückblickens auf ihr Leben. In sieben Kapiteln beschreibt sie die ersten sieben Tage in der neuen Wohnung und geht ihren Erinnerungen nach. Aus Sarajevo reist Arjeta mit dem Ausbruch der Balkankriege für ein Philosophiestudium nach Paris. Dort lernt sie Arik kennen – die Liebe zu ihm und das letztendliche Scheitern führt sie dann nach Berlin. In den sieben Tagen erinnert sie sich an diese Liebe. Aber auch an ihre Kindheit und die Sommer in Istrien, an die Geschichte der Eltern, an Sarajevo während der Belagerung und an alle die Freundschaften, die sie in Paris geschlossen hat.
Es ist ein Text, der das Erinnern selbst zum Thema hat: Wie soll man sich erinnern und gleichzeitig der Zukunft Raum geben? Wie soll man vergessen und doch der Vergangenheit ihren Platz geben? Diese Balance lotet Marica Bodrožić in ihrem Text aus. Da ist die Geschichte Arjetas, die mit ihrer eigenen Geschichte umzugehen versucht; da ist die Mutter, die sich weigert, ihre Erinnerungen zu formulieren und anzuschauen; da ist Arik, der sich nicht von der Vergangenheit lösen kann und die Gegenwart bereits wie archivierbare Erinnerung betrachtet; da ist Mischa Weisband mit seinen Erinnerungen an das Berlin der Vorkriegszeit und der Umgang Deutschlands mit den Erinnerungen an die Verbrechen im Zweiten Weltkrieg; und da treffen wir auf Mateo, ein istrischer Philosophe, der die Vergangenheit niederreissen und zerstören will, um in der wahren Gegenwart anzulangen.
In starken, farbigen Bildern von tiefer poetischer Intensität kreist Bodrožić um die Erinnerungen selber und die verschiedenen Arten des Erinnerns – zwischen Orten und Zeiten hüpfend, am Kirschholztisch ihrer Grossmutter aus Istrien sitzend oder aus dem Fenster schauend und die Vögel beobachtend. Aus ihren Erinnerungen und insbesondere aus den Lücken in den Erinnerungen versucht sie zu lesen – nicht eigentlich Ordnung zu schaffen, mehr ein Verhältnis zu schaffen. Ein berührendes Buch, das einen von den ersten Seiten an in seinen Bann zieht. cn
Klappentext:Ausgerechnet der Krieg ist es, der Arjeta von Sarajevo nach Paris bringt und die Wurzeln legt für eine radikale Liebesgeschichte, die ihr ganzes Leben verändert und schliesslich nach Berlin und ins Herz unserer Zeit führt. Hier geht die junge Frau sich selbst und ihrem Bewusstsein auf den Grund, durchwandert in starken und leuchtenden Bildern eine Welt, die es im Aussen nur noch in Rissen gibt, im Innen aber ist die Verwandlung ein neuer Ort geworden.
Über die Autorin / über den Autor:Marica Bodrožić wurde 1973 in Dalmatien geboren. 1983 siedelte sie nach Hessen über. Sie schreibt Gedichte, Romane, Erzählungen und Essays. Für ihre Bücher erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Förderpreis der Literatur von der Akademie der Künste in Berlin, den Kulturpreis Deutsche Sprache und den Kranichsteiner Literaturpreis sowie den Preis der LiteraTour Nord. Marica Bodrožić lebt als freie Schriftstellerin in Berlin.
Preis: CHF 14.90