Spätestens seit dem Arabischen Frühling von 2011 kommen uns bei Ägypten nicht mehr an erster Stelle Pyramiden und Rotes Meer in den Sinn. In jenen Tagen des Umbruchs, der breiten politischen Mobilisierung der Gesellschaft, des Mutes und der Kreativität wurde uns ein anderes Bild von Ägypten, insbesondere dem städtischen und jungen Ägypten vor Augen geführt. Eine Zeit der gesellschaftlich-politischen Öffnung hat die verknöcherte Mubarak-Ära abgelöst, hat die wuchernde Bürokratie durch spontane Aktionen und vielfältigste künstlerische Produktionen abgelöst – bis diese wieder zuerst von der Regierung der Muslimbrüder unter Mursi und dann vom immer repressiveren System des Generals Sisi eingeschränkt und aus der Öffentlichkeit verbannt wurden. Im Februar 2016 wurde zum ersten Mal ein ägyptischer Autor aufgrund der Beschreibung einer Sex-Szene in einem literarischen Roman für zwei Jahre verurteilt. Auch wenn er jetzt nach einem Jahr Gefängnis vorerst freigelassen worden ist –Vertreterinnen der kulturellen Kreise Ägyptens sind tief schockiert. War doch Ägypten seit den 20er/30er Jahren des 20. Jahrhunderts eines der grossen kulturellen Zentren des Nahen Ostens – Film, Musik, Literatur, Kunst, Theater, Tanz ... Wird sich diese Rolle nun ändern?
Wie sich das Leben in dem sich wandelnden und von ganz unterschiedlichen Strömungen und Idealen geprägten Ägypten, insbesondere im urbanen Kairo und Alexandria, anfühlt, führen uns zahlreiche Texte junger ägyptischer Autoren und Autorinnen vor Augen. Die Leute auf der Strasse erhalten eine Stimme, Häuser, Quartiere, Cafés werden zum Leben erweckt und zeigen eine andere Realität als diejenige der Pyramiden und dem Roten Meer.
Ein zutiefst eindrückliches Kammerspiel: explosiv und unvorhersehbar. Clash beruht auf einem raffinierten Drehbuch. Spannend und klar beschreibt es die innere Zerrissenheit der Menschen in Ägypten am Folgetag nach dem Putsch gegen Staatspräsidenten Mursi im Jahre 2013. Säkulare oder religiöse Menschen aus unterschiedlichen sozialen Schichten und mit verschiedenen Charakterzügen verbringen in einem Antidemonstrationswagen der Kairoer Polizei einen Tag und eine Nacht, wobei der Wagen sowohl Falle wie auch Schutzraum wird. Dieser füllt sich nach und nach mit Reportern, Anhängern und Anhängerinnen der Muslimbrüder, wie auch deren Gegnerinnen und Gegner, Soldaten und Kindern. Die Fronten spitzen sich zu, werden aber immer wieder angesichts der Ungewissheit, den lebensbedrohlichen Ereignissen und den fehlenden Resourcen, wie medizinische Versorgung oder Trinkwasser, aufgeweicht. Die Kamera befindet sich 90 Minuten lang beinahe ausschliesslich in diesem kleinen Raum. Der Kontakt zur Aussenwelt ist nur durch die vergitterten Fenster und die manchmal kurz geöffnete Tür möglich, wenn eine neue Person hineingestossen wird. Unweigerlich fühlen sich die Zuschauerinnen und Zuschauer Teil dieser Gruppe, die Spielball von unmenschlichen Machtinteressen, unkontrollierter Wut und pervertierten Hierarchien ist. Clash überzeugt filmisch, aber auch mit Dialogen, die gekonnt aufzeigen, dass die ideologisch auferlegte Parteinahme nichts mit den realen Bedürfnissen der Menschen zu tun hat und auf eine künstliche Spaltung der Gesellschaft hinstrebt. Ich kann den Film nur empfehlen. ap
DVD mehrDrei Filme sind in dieser Sammelbox vereint: Bab el hadid – Cairo Station (1958), Al-asfour – Der Sperling (1972) und Awdat al ibn al dal – Die Rückkehr des verlorenen Sohnes (1976)
DVD mehr"Apart from Allah, they say, Umm Kahlthum is the only subject about which all Arabs agree ... Stern and tragic, rigidly in control, this was a woman who, in her heyday, truly had the Arab world in the palm of her hand. With melancholy operettas that seemed to drift on for hours, she encapsultaed the love lives of a nation." Rough Guide to World Music, London 1999
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