Life in the New

Novi Beograd ist ein Stadtteil Belgrads, der in den 60er-/70er-Jahren konzipiert und grösstenteils gebaut worden ist. Dabei handelte es sich vorher um ein Sumpfgebiet zwischen Drina und Save, das unbebaut war. Ein grossangelegtes städtebauliches Projekt wurde entwickelt, mit funktionalistischem Ansatz und vielen Anlehnungen an Corbusier. Über die Jahrzehnte hat sich ein riesiger Stadtteil entwickelt, wo heute rund 200'000 Menschen leben.

Es ist faszinierend, die Fotos von Marius Svaleng Andresen zu betrachten. Sie zeigen riesige, anonyme, gleichförmige Betonbauten in brutalistischem Stil, eher heruntergekommen, eher trist. Doch einerseits gelingt es dem Fotografen auf den Bildern die riesigen Bauten fast schon als Lebewesen oder als Berglandschaften zu fotografieren, ihr Aussehen verändernd, je nach Lichteinfall, Tageszeit, Jahreszeit. Andererseits zeigt er auch auf fast jedem Foto ein Detail, das das Bewohntsein der Gebäude beweist, das auf die Bewohner:innen verweist, das die Anonymität der Bauten bricht.

Mit den Porträts einiger Personen, die oft seit Jahrzehnten oder schon immer in Novi Beograd wohnen, ihren jeweils eigenen Lebensgeschichten, aber auch ihrem Verhältnis zu ihren Nachbarn, zu den Bauten, zum Quartier haucht Svaleng Andresen den Fotografien noch einmal weiteres Leben ein. Die unglaubliche Vielfalt an individuellen Schicksalen, Lebensgeschichten und Haltungen, die in den Porträts zum Ausdruck kommen, macht es schlicht unmöglich, die Architektur von Novi Beograd nicht in der gleichen funkelnden Vielfalt zu sehen.

Ein faszinierendes und wunderschön gemachtes Buch! cn

In Life in the New erforscht Marius Svaleng Andresen die Komplexität von städtebaulicher Entwicklung und deren Auswirkungen auf den Menschen am Beispiel des Stadtteils Novi Beograd in Belgrad, Serbien. Wie verändert sich die Beziehung zwischen Mensch und Architektur, wenn Städte wachsen und dichter werden? Anhand von Interviews mit den Bewohner:innen des Viertels und Fotografien, die Dokumentation und Kunst vermischen, erkundet Life in the New, was sich hinter den Fassaden der brutalistischen und sozialistischmodernistischen Gebäude verbirgt.

Beeindruckende architektonische Formen und komplexe Geometrien treten in den Hintergrund, um den Alltag in seiner ganzen profanen Pracht zu zeigen: seine kleinen Dramen, seine Melancholie, seine Unannehmlichkeiten, seine Skurrilität und seinen Humor. Hin und wieder entdeckt Andresen jedoch auch Momente reiner Schönheit, die zerbrechliche, ungeplante Poesie des Alltags, die inmitten der Formalität der grossen Visionen der Architekt:innen gedeiht.

Marius Svaleng Andresen ist ein norwegischer Fotograf, der hauptsächlich Architekturfotos mit einer minimalistischen und grafischen Bildsprache macht.