Andrej E. Skubic

Spiele ohne Grenzen

Der Roman spielt in einer undefinierten, theoretisch sehr nahen Zukunft, in der die Flüchtlingspolitik ausschliesslich auf die ökonomische Dimension reduziert worden ist. Der Protagonist Kastelic, ein Slowene, der in Sizilien Leichen von ertrunkenen Flüchtlingen einsammelt und allfällige Überlebende an Lager "anliefert", ist ein selbständiger Unternehmer mit einer offiziellen Konzession. So wie alle, die an den Flüchtlingen verdienen, selbständige Privatunternehmen sind: die Schlepper sowieso, aber auch die Lagerbetreiber, die Menschenhändler, die Leichensammler. Der Staat hat sich vollkommen aus der Flüchtlingsfrage zurückgezogen. Diese Reduktion auf das Ökonomische ist letztendlich eine durchaus denkbare Konsequenz der aktuellen Diskurse. Und sie schockiert und irritiert.

Auch wenn die Persönlichkeit des Protagonisten nicht immer nachvollziehbar ist, und auch wenn die Handlung nicht ganz schlüssige und oft überraschende Wendungen nimmt, ist der Roman lesenswert. Er entwickelt einen starken Sog und entlarvt einige der Stereotypen, die es eben so denkbar machen, dass die Flüchtlingspolitik zu  genau solch einem Desaster wird, wie es im Roman beschrieben ist. cn

Und leider ist die Dystopie schon Realität geworden, wie im Guardian-Artikel beschrieben.

Klappentext:

Während die einen Leichen aus dem Meer sammeln, um diese und deren Habseligkeiten zu Geld zu machen, begeben sich die anderen zu den gekenterten Flüchtlingsbooten, um die Überlebenden als billige Arbeitskräfte zu verkaufen – beides wird von der EU subventioniert. Und dann gibt es noch jene, die illegalerweise versuchen, die Geflüchteten sicher an ihre Ziele zu bringen. Der Leichensammler Kastelic gerät zwischen die Fronten und seine Überzeugung aus den Fugen, als er eine fliehende Somalierin mit Baby in Obhut nimmt ...

Über die Autorin / über den Autor:

Andrej E. Skubic (geboren 1967 in Ljubljana, Slowenien) begann seine literarische Karriere 1990 mit Veröffentlichungen in Zeitschriften. Nach dem Studium der slowenischen und englischen Literatur arbeitete er ab 1994 zunächst als technischer Übersetzer und startete eine akademische Laufbahn, die er später zugunsten einer literarischen Karriere ruhen liess. In den folgenden Jahren veröffentlichte Skubic zahlreiche Romane, Kurzgeschichten, Übersetzungen und einige wissenschaftliche Schriften sowie Theaterstücke, TV-Skripte und -Dokumentationen. Für sein Schaffen wurde er mehrfach ausgezeichnet, u.a. gleich dreimal mit dem Kresnik-Preis für den besten slowenischen Roman des Jahres und den Sovre-Preis für seine Übersetzungen von James Kelman und Gertrude Stein.

Preis: CHF 25.90
Sprache: Deutsch (aus dem Slowenischen von Erwin Köstler)
Art: Gebundenes Buch
Erschienen: 2017
Verlag: Voland & Quist
ISBN: 978-3-86391-184-3
Masse: 160 S.

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