Daniel Gerlach ist ein Kenner von Syrien und dem Nahen Osten. Als Mitarbeiter des Magazins zenith steht er in Kontakt mit vielen am Geschehen nahe beteiligten Personen. Dementsprechend kenntnisreich ist auch seine Analyse der Situation in Syrien bis 2015, die sich nicht auf das Auflisten von Fakten oder historischen Daten beschränkt, sondern auch Geschichten, Beispiele, Erzählungen von Freunden und Bekannten einflicht. Ganz generell konzentriert sich sein Buch auf die Analyse der Verhältnisse in der soziologischen Tradition. Wie funktioniert die Macht in Syrien? Wie hat sich die Assad-Familie solange an der Macht halten können? Wen meinen wir eigentlich genau, wenn wir vom Assad-Regime sprechen und handelt es sich wirklich um ein Regime, das sich auf die Alawiten in Syrien abstützt? Und wie sind nun Iran, Russland, die Türkei, die Hizbollah in den ganzen Konflikt verwickelt? Gerlach geht auch in der Geschichte zurück, um aufzuzeigen, wie wir diese Fragen beantworten könnten. Und er macht einmal mehr auf sehr anschauliche und auch überzeugende Weise klar, wie ungeheuer komplex die Situation und die verschiedenen Kooperationen, Kooptionen und Abhängigkeiten in Syrien und mit der ganzen Region sind. Verflechtungen, die auch viel weiter zurückreichen und nicht einfach zur Seite geschoben werden können.
Das Buch holt einen aus der Fokussierung auf die laufenden Ereignisse auf eine Ebene, die eine sowohl historische wie auch aktuell politische und gesellschaftliche Einordnung dieser Ereignisse erlaubt. Auch wenn die Sprache von Gerlach stellenweise eher leger daher kommt, hat mir das Buch den Blick für sehr viele Zusammenhänge und neue Sichtweisen auf den Konflikt in Syrien geöffnet. Aspekte, die sich zwei Jahre später nun noch klarer zeigen und die Argumentationslinie von Gerlach bestätigen. cn
Klappentext:Auch nach Jahren der Tyrannei und des Krieges hält sich das syrische Regime noch immer an der Macht. Aber wer und was ist eigentlich dieses Regime? Welche Kräfte und Narrative halten es im Inneren zusammen? Der Journalist und Orientalist Daniel Gerlach entwirrt die Hintergründe einer Logik der Gewalt und Manipulation, der sich die Herrschenden auch selbst unterworfen haben. Was 2011 als Aufbegehren gegen ein politisch und moralisch bankrottes System begann, eskaliert immer weiter, beschleunigt noch durch die Exzesse des "Islamischen Staates". Ratlos schaut die Welt zu, kann oder will nicht helfen – zu verworren scheinen die Konfliktlinien, zu gross ist die Sorge, die "falsche Seite" zu unterstützen.
Daniel Gerlach beleuchtet das schizophrene Verhältnis der Religionen und Konfessionen in Syrien, das Wirken sichtbarer und unsichtbarer Mächte, die diesen Konflikt so unerbittlich machen. Er beschreibt die Geister der Vergangenheit, erzählt von traumatischen Erfahrungen und ihrer Wirkung auf das heutige Syrien. Klar wendet sich Gerlach gegen die Behauptung, das Regime sei der Garant für Stabilität und den Erhalt eines Staates, den es womöglich längst nicht mehr gibt. Die Lage ist undurchsichtig – auf ihrer Unwissenheit ausruhen können sich die internationalen Mächte nun allerdings nicht mehr.
Über die Autorin / über den Autor:Daniel Gerlach ist Chefredakteur des Magazins "zenith", das sich mit Politik, Wirtschaft und Kultur der arabisch-islamischen Welt beschäftigt. Er studierte Geschichte und Orientalistik in Hamburg und Paris und ist als Nahost-Experte regelmässig Gast in deutschen und internationalen Medien. Gemeinsam mit dem Verfassungsrechtler Dr. Naseef Naeem leitet er die Nahost-Expertengruppe zenithCouncil, die sich mit Fragen von Recht und Staatlichkeit in der Region befasst.
Preis: CHF 24.90