Mahi Binebine

Der Himmel gibt, der Himmel nimmt

In einem wunderbar leichtfüssigen Ton erzählt uns Mani Binebine die tragische Geschichte eines kleinen Jungen, der als Baby an fremde Frauen als Hilfe zum Betteln vermietet wurde und der während Jahren von seiner Mutter in enge Bänder geschnürt wurde, damit er nicht wachse. Doch der Erzähler ist der kleine Junge selber, Mimûn, und er findet in allen noch so kleinen Details Interessantes zu entdecken. Die Beschreibungen seiner Familie und der vielen Menschen, die er während des Bettelns antrifft, sind packend und berührend. Die Schicksale seiner Brüder, die so unterschiedliche Karrieren wie Geliebter eines spanischen Gelehrten und Boxkämpfer einschlagen, faszinieren. Die Partnerschaft, die er mit seinem Bruder Tachfin aufbaut, um sich eine finanzielle Unabhängigkeit von der Mutter zu erwirtschaften, entwickelt sich während des ganzen Romans weiter und zurück und in Kreisen. Der faszinierte Blick des Kindes wandelt sich in einen kritischen Blick, als der spanische Gelehrte ihn im Lesen und Schreiben unterrichtet und ihm eine neue Welt der Literatur eröffnet.

Ein berührender Text, der es schafft, einen an dieses abgründige Thema heranzuführen. Nur das Ende des Romans wirkt seltsam abgekürzt. Aber den Text zu lesen, lohnt sich auch nur für den ersten Teil. cn

Klappentext:

Mimûn, genannt Krümelchen, wurde in der Medina von Marrakesch geboren und überflügelt seine fünf Geschwister schon als Säugling in der Kunst des Bettelns: an arme Frauen vermietet, beschert er seiner Familie ein florierendes Geschäft. Aber das Talent wird ihm bald zum Verhängnis, denn seine Mutter unternimmt alles, um das rentable Baby am Wachsen zu hindern. Körperlich verkümmert, findet Mimûn immer neue Wege, sich als Attraktion zu inszenieren und den Leuten Staunen, Mitleid und Geld zu entlocken. Doch als er bei einem spanischen Professor heimlich lesen und schreiben lernt, eröffnen ihm die Bücher eine neue Welt. Sein Blick auf das Leben verändert sich radikal. Mit der ersten Liebe gelingt ihm schliesslich die Emanzipation von der Mutter.

Mahi Binebines wunderbare Entwicklungsgeschichte überrascht mit Humor und Menschlichkeit: eine Hymne auf das Leben, die Bildung und die Poesie.

Über die Autorin / über den Autor:

Mahi Binebine wurde 1959 in Marrakesch geboren. Er studierte Mathematik in Paris und arbeitete als Lehrer, bevor er sich der Literatur und der Malerei zuwandte. Heute gilt er als bekanntester Maler Marokkos, seine Bilder hängen u.a. im New Yorkger Guggenheim-Museum. Sein schriftstellerisches Werk – er schireb acht Romane – wurde in verschiedene Sprachen übersetzt und mehrfach ausgezeichnet. Im Lenos Verlag erschien zuletzt sein vielbeachteter Roman Die Engel von Sidi Moumen, der 2012 unter dem Titel Les Chevaux de Dieu verfilmt wurde. Nach Jahren in Frankreich und den USA lebt Mahi Binebine seit 2002 wieder in Marrakesch.

Preis: CHF 20.90
Sprache: Deutsch (aus dem Französischen von Hilde Fieguth)
Art: Taschenbuch
Erschienen: 2018 (2013)
Verlag: Lenos
ISBN: 978-3-85787-793-3
Masse: 216 S.

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