Medienleute schaffen Öffentlichkeit und stehen in der Öffentlichkeit, daran ist nichts Ungewöhnliches. Nicht selbstverständlich, geradezu aussergewöhnlich ist diese Exponiertheit für Frauen im Nahen Osten. Wie aussergewöhnlich, zeigt das Buch Our Women on the Ground. 19 Reporterinnen, Korrespondentinnen und Fotografinnen beschreiben in 19 Essays ihren Berufsalltag in Syrien, Irak, Libanon, Libyen, Jemen und dem Sudan. Normalerweise schreiben sie über Kämpfe, Revolten und Aufstände. Aber hier machen sie für einmal sich selber zur Nachricht. Sie geben Einblick in ihre Jobs voller Anspannung und Adrenalin, erzählen von gefährlichen Episoden und berührenden Begegnungen, lassen auch teilhaben an den vielen Hürden und Hindernissen, die sie zu überwinden haben. Denn sie müssen sich an mehreren Fronten behaupten, sowohl in Krisenherden wie in den Redaktionsbüros, bei Strassenkämpfen wie auch in der eigenen Familie, die ein anderes Leben für die Tochter oder Schwester vorgesehen hatte.
Man kommt nicht umhin, den Mut dieser Medienfrauen zu bewundern. Natürlich ist die Berichterstattung aus einem Hotspot auch für Männer kein Honiglecken. Für Reporterinnen noch viel weniger, weil sie an diesem Platz nicht vorgesehen und darum verletzlicher sind. Aber ihre Sicht der Ereignisse ist wichtig, um ein komplettes Bild des Kriegsgeschehens zu bekommen, denn die Journalistinnen halten fest, was in den Mainstream-Medien oft untergeht: die Lebenswirklichkeit von Frauen in diesen geplagten Ländern. Der Alltag in Ruinenstädten und zerstörten Dörfern, wo Mütter und Grossmütter in dem von Terror, Bomben und Gewalt beherrschten Irrsinn das Überleben organisieren müssen, irgendwie; die Kinder zur Schule bringen, Essen kochen und die Wäsche an die Sonne hängen müssen. Die Reporterinnen beschreiben diese Frauen nicht nur als Opfer, sondern auch als zupackend und ihren Beitrag leistend, damit ihr Land nicht völlig kollabiert. Journalistinnen können diese Seite besser erfassen, weil sie Schleier lüften und in Frauenräume blicken dürfen, die für Männer tabu sind. Mit wie viel Empathie sie das tun, wird in ihren Essays deutlich.
Our Women on the Ground ist ein Buch voller Kraft, Pionierinnengeist und, so seltsam das in diesem Kontext tönen mag, voller Hoffnung, weil es diesen Frauen gelingt, eigene Lichter zu setzen. Eines Tages machte sich die jemenitische Fotografin Amira Al-Sharif auf, um eine Jasminfarm zu dokumentieren. Weissblühender Jasmin gegen das Dunkel des Krieges: das wollte sie zeigen. Unterwegs in die Provinz Al-Hudaida wurde sie verhaftet, eingesperrt und terrorisiert. Aber deswegen den Beruf aufgeben? Sie nicht! Anderen ist der Druck zu gross geworden; sie sind weggezogen oder haben eine andere Aufgabe gefunden. Das ist fast eher nachvollziehbar als die Ausdauer von Amira Al-Sharif.
Sie zweifle nicht daran, dass diese Frauen andere inspirieren würden, schreibt die Herausgeberin dieser Anthologie, Zahra Hankir. Und darum wünsche sie sich, dass sie in allen Buchhandlungen zu finden sein werde. Bei mille et deux feuilles liegt das Buch auf. Maya Doetzkies
Klappentext:A growing number of intrepid Arab and Middle Eastern sahafiyat – female journalists – are working tirelessly to shape nuanced narratives about their changing homelands, often risking their lives on the front lines of war. From sexual harassment on the streets of Cairo to the difficulty of traveling without a male relative in Yemen, their challenges are unique – as are their advantages, such as being able to speak candidly with other women at a Syrian medical clinic or with men on Whatsapp who will go on to become ISIS fighters, rebels, or pro-regime soldiers.
In Our Women on the Ground, nineteen of these women tell us, in their own words, about what it's like to report on conflicts that (quite literally) hit close to home. Their daring and heartfelt stories, told here for the first time, shatter stereotypes about the region's women and provide an urgently needed perspective on a part of the world that is frequently misunderstood.
Including essays by Donna Abu-Nasr, Aida Alami, Hannah Allam, Jane Arraf, Lina Attalah, Nada Bakri, Shamael Elnoor, Zaina Erhaim, Asmaa al-Ghoul, Hind Hassan, Eman Helal, Zeina Karam, Roula Khalaf, Nour Malas, Hwaida Saad, Amira Al-Sharif, Heba Shibani, Lina Sinjab, and Natacha Yazbeck.
Zahra Hankir is a Lebanese British journalist who writes about the ntersection of politics, culture, and society in the Middle East. Her writing and journalsim have appeared on BBC News, Bloomberg News, Vice, and Al Jazeera English, and in Roads & Kingdoms and Literary Hub, among other media outlets. She wa awarded a Jack R. Howard Fellowship in International Journalism to attend the Columbia Journalism School and holds degrees in politics and Middle Eastern studies from the American University of Beirut and the University of Manchester.
Preis: CHF 20.50