Nina Bouraoui

Geiseln

Der eindrückliche Roman Geiseln beginnt mit den Sätzen: "Ich heisse Sylvie Meyer. Ich bin dreiundfünfzig Jahre alt. Ich bin Mutter zweier Kinder. Ich lebe seit einem Jahr von meinem Mann getrennt. Ich arbeite bei Cagex, einem Gummiunternehmen. Ich leite die Personalentwicklung. Ich bin nicht vorbestraft." In dieser gerafften Sprache jagt Sylvie Meyer die Leserin und den Leser rückblendend durch ihr Leben. Auf nur 122 Seiten lässt Nina Bouraoui die Protagonistin ihre Geschichte erzählen. Sie, Sylvie Meyer, erfüllt die ihr aufgebürdeten Aufgaben ohne Wenn und Aber, doch eines Tages kann sie es nicht mehr. Als ihr Chef von ihr verlangt, ihre Arbeitskolleginnen zu bespitzeln, um ihm Material für künftige Kündigungen zu liefern, kommt etwas in ihr ins Rollen, das sie zu einer Tat treibt, die ihr Verderben, jedoch zugleich Befreiung ist. Für einen kurzen Moment wird sie zum handelnden Subjekt und ist nicht mehr Spielball einer ungerechten Welt. Es ist ein Befreiungsschlag aus ihrer Einsamkeit und Unterdrückung mit folgenreichem Ende. Nina Bouraoui hat mit Geiseln einen einfühlsamen, auch sprachlich sehr empfehlenswerten Roman geschaffen! ap

Klappentext:

Nina Bouraoui erzählt die Geschichte einer Gefangenschaft und einer Befreiung, mit viel Feingefühl für seelische Zwischentöne und Täuschungen. In einem poetischen Monolog erleben wir eine Stimme von hoher Dringlichkeit und Unmittelbarkeit, die ohne Larmoyanz ihr Leben betrachtet.

Gleichzeitig hält der Roman gesellschaftlichen Missständen den Spiegel vor und entwirf so ein Bild unserer Möglichkeiten auf Freiheit und Gerechtigkeit. Geisel ist ein so intimer wie politischer Roman: "Wir alle sind Geiseln, Geiseln unserer Gefühle und unserer wirtschaftlichen Situation, und beides hängt zusammen. Darum geht es in diesem Buch: Wir können die Arbeit nicht von unserem Gefühlsleben trennen", so Nina Bouraoui.

Geiseln wurde mit dem Prix Anaïs Nin ausgezeichnet und für den Prix des Cinq Continents nominiert. Nina Bouraoui schrieb Geiseln bereits 2016 – noch vor der Bürgerbewegung der Gilets jaunes und vor #MeToo – "als Hommage an die Geiseln der Wirtschaft und der Liebe, die wir alle sind".

Über die Autorin / über den Autor:

Nina Bouraoui ist eine der führenden französischen Schriftstellerinnen ihrer Generation. Sie wurde 1967 in Rennes geboren, verbrachte ihre Kindheit und Jugend in Algerien, mit Zwischenstationen in Zürich und Abu Dhabi, und lebt heute in Paris. Sie ist Preisträgerin des Prix Renaudot, Prix du Livre Inter und Prix Emmanuel Roblès und wurde für ihr Schaffen in den Rang des Commandeur de l'Ordre des Arts et des Lettres erhoben. Ihre Romane sind weltweit in zahlreiche Sprachen übersetzt. Wiederkehrende Motive sind die Erinnerung, die Identität und das Begehren. Ihre Themen und ihr literarischer Zugriff stellen Bouraoui in die Tradition von Margherite Duras und Annie Ernaux.

Preis: CHF 26.00
Sprache: Deutsch (aus dem Französischen von Nathalie Rouanet)
Art: Gebundenes Buch
Erschienen: 2021 (2020)
Verlag: Elster
ISBN: 978-3-906903-16-3
Masse: 125 S.

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